„Computer, Programm beenden“ – so endete im Jahr 2005 Star Trek: Enterprise und damit eine goldene Ära der Star Trek Geschichte. Nach 18 Jahren mit vier Serien, 25 Staffeln, mehr als 600 Episoden und vier Kinofilmen war es einfach vorbei. Kein Star Trek mehr. 20 Jahre später droht jetzt eine Wiederholung dieser Situation. Nach der Ankündigung des Endes von Star Trek: Strange New Worlds mit einer verkürzten fünften Staffel verbleibt nur noch eine einzige Serie in Produktion: Star Trek: Academy, deren erste Staffel im Frühjahr gedreht wurde.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass gleich fünf Serien gleichzeitig in Produktion waren. Discovery, Picard, Lower Decks und Prodigy waren gemeinsam mit Strange New Worlds noch 2023 mit neuen Folgen bei Paramount+ bzw. Prime Video zu sehen. Ginge es nach den Kreativen, wäre dies auch heute noch so. Ob Alex Kurtzman und Michelle Paradise bei Discovery, Mike McMahan bei Lower Decks oder Kevin und Dan Hageman bei Prodigy – alle Showrunner hätten gerne noch einige Staffeln drangehängt. Star Trek: Picard war mit der dritten Staffel am logischen Ende angelangt, aber auch hier gäbe es eine logische Fortsetzung. Terry Matalas hat in der letzten Episode die Überleitung zu einer neuen Serie um Jeri Ryan als Seven of Nine untergebracht und mit Star Trek: Legacy auch einen Titel vorgeschlagen. Die Stolpersteine liegen auf der wirtschaftlichen Seite. Dort kommen gerade drei Entwicklungen zusammen: Eine Krise im Streamingmarkt, ein Entscheidungsvakuum bei CBS/Paramount und hohe Kosten bei der Produktion von Star Trek.
Der große Streaming-Boom ist erstmal vorbei
Angetrieben vom Erfolg von Netflix begann Mitte der 2010er-Jahren ein Rennen der großen Medienkonzerne um einen guten Platz im Streamingmarkt. Die Erwartung war, dass langfristig nur eine Handvoll Streaminganbieter überleben würde – und jeder wollte dabei sein. Entsprechend wurde kräftig in neue Serien investiert, um möglichst viele neue Abonnenten an den eigenen Service zu binden. Bei Paramount besann man sich für den eigenen Dienst CBS All Access (später zu Paramount+ umbenannt) auf die ein Jahrzehnt vorher stillgelegte Marke Star Trek. 2017 brachte man mit Star Trek: Discovery die erste exklusive Streamingserie des Unternehmens raus. In den kommenden Jahren folgten dann regelmäßig Ankündigungen für neue Serien – Picard, Lower Decks und das Discovery-Spinoff Strange New Worlds. Damit lag Paramount im Trend, der Rivale Disney startete für seinen Streamingdienst mehrere Serien aus dem Star Wars Universum.
In den letzten Jahren ist die Streamingbegeisterung in Hollywood allerdings spürbar abgekühlt. Der Fokus liegt nicht mehr allein darauf, sich ein möglichst großes Stück des Marktes zu erobern, stattdessen sind schnöde Fragen der Profitabilität auch hier ins Zentrum gerückt. Da sowohl die Abonnentenzahlen wie auch die monatlichen Preise nicht den optimistischsten Prognosen entsprechen, gibt es bei den Budgets jetzt deutlich mehr Zurückhaltung. Ein weiterer Faktor ist die hohe Popularität älterer, längst abgedrehter Serien. Titel wie NCIS, The Big Bang Theory, Prison Break oder Suits kommen auf Zuschauerzahlen, die gleichauf oder sogar vor den aktuellen Top-Titeln wie Bridgerton oder Squid Game schaffen. Warum also viel Geld in neue Produktionen stecken, wenn man die Kunden mit Material aus dem Archiv genau so zufrieden stellen kann? Diese Trends schlagen sich in der Produktion neuer TV-Serien nieder. Zwischen 2018 und 2022 haben US-Anbieter (mit Ausnahme des Covid-Jahres 2020) jährlich zwischen 13.800 und 15.500 Stunden neues Material produziert. Im Jahr 2024 waren es nur noch 10.400 Stunden, berichtet der Branchendienst Luminate (englisch).
Paralyse bei Paramount
Zu dieser branchenweiten Krise kommt eine Lähmung bei Paramount Global, dem Produktionsstudio von Star Trek und Eigentümer von Paramount+. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme wurde seit 2023 ein Partner für eine Übernahme oder eine Fusion gesucht. Im Juli 2024 schien der Durchbruch erreicht, als eine Fusion mit Skydance Media verkündet wurde. Seitdem wartet man aber auf die nötige Genehmigung der FCC, der amerikanischen Medienaufsichtsbehörde. Ob und wann diese kommt, ist bis heute unklar.
Nach der Fusion würde der bisherige Skydance-Chef, David Ellison, neuer Chef des Gesamtkonzerns. Dies führt bei Paramount aktuell dazu, dass weitreichende Entscheidungen lieber vermieden werden. Denn wer will schon dutzende Millionen Dollar für ein neues Projekt ausgeben, wenn vielleicht schon in zwei Wochen ein neuer Boss da ist, dem dieses Projekt möglicherweise gar nicht gefällt? Erst wenn diese Situation geklärt ist, können wir bei Star Trek wieder eine klare Richtung erwarten. Dazu gehören sowohl die Frage nach neuen Serien wie auch z. B. danach, ob Alex Kurtzman weiterhin die Federführung für Star Trek haben wird.
Star Trek: Erfolgreich, aber teuer
Für Star Trek haben diese Entwicklungen in der gesamten Branche und bei Paramount eine besonders hohe Relevanz, weil die Serien der letzten Jahre einigermaßen, aber nicht extrem, erfolgreich waren. Die dritte Staffel von Picard, die zweite Staffel von Strange New Worlds und die fünfte Staffel von Discovery schafften es alle in mehreren Wochen in die Top 10 der US-amerikanischen Streaming-Charts, dort aber eher auf den hinteren Plätzen. Gleichzeitig sind Star Trek Serien mit die teuersten Serien auf dem Markt. Diese Art von Serie ist für einen Streaminganbieter attraktiv, wenn Platz im Budget ist. Gleichzeitig ist es auch die Art von Serie, die man einspart, wenn Budgets knapp sind – dann konzentriert man sich lieber auf die absoluten Top-Serien auf der einen und günstige Serien zum Auffüllen des Programms auf der anderen Seite.
Fazit
Was ist also die Antwort auf die Titelfrage: Quo vadis, Star Trek? Ehrlicherweise: Wir wissen es nicht. Zwischen einem erneuten Jahrzehnt ohne neues Star Trek bis zu einer Rückkehr zu den goldenen Jahren ist alles möglich, denn es kann vieles passieren: Erholt sich der Streamingmarkt oder schrumpft er weiter? Klappt die Skydance-Übernahme? Falls ja, was plant David Ellison für Star Trek? Falls nein, wie geht es dann mit Paramount weiter? Wird Star Trek: Academy ein großer Hit oder bleibt es quotentechnisch hinter seinen Vorgängern zurück? Die Zukunft bleibt ein unbekanntes Land.